Die abgelaufene Saison hat auch uns vor die große Herausforderung gestellt, unsere Arbeit ohne Stadionbesuche zu organisieren und am Laufen zu halten. Zu tun gab es auch reichlich, denn unter anderem die Vorkommnisse im Rahmen unseres Auswärtsspiels im Dortmunder Westfalenstadion aus dem Oktober 2018 beschäftigen uns noch immer. Dabei stand für uns die Unterstützung der angeklagten Personen im Mittelpunkt. Wir vermittelten bei Bedarf einen Rechtsbeistand oder beantworteten Fragen zu Vorladungen und Strafbefehlen.
Darüber hinaus begleiteten wir auch weiterhin die in der vorherigen Saison begonnene gerichtliche Aufarbeitung des Polizeieinsatzes und seiner Folgen. Nachdem die direkten Klagen gegen die Polizeidirektion Dortmund mit hanebüchener aber leider nicht überraschender Begründung eingestellt wurden, sind nunmehr noch zwei Klagen anhängig. Einerseits soll die datenschutzrechtlich problematische Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Roten Kreuz und der Polizei Dortmund überprüft werden, die darin besteht, dass diejenigen Personen, die vom DRK behandelt wurden, im Nachgang von der Polizei angeschrieben und um Zeugenaussagen gebeten wurde, da die Verletzungen ja vielleicht durch Pyrotechnik verursacht worden sind. Weiterhin läuft eine verwaltungsrechtliche Klage, welche die Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes an sich in Frage stellt.
Im Zusammenhang mit diesem Spiel war ebenso das Thema Stadionverbote sehr relevant für uns, hatten doch zahlreiche Personen ein entsprechendes Schreiben von Borussia Dortmund erhalten, obwohl ihr Verfahren noch gar nicht abgeschlossen war. Bei einigen dieser Personen musste das SV im Nachgang auch wieder aufgehoben werden, da sie mit anderen Personen verwechselt wurden oder ihnen keine Taten nachgewiesen werden konnten. Dies nahmen wir zum Anlass, gemeinsam mit den Verantwortlichen von Hertha BSC und dem BVB nachgeholte Anhörungen zu organisieren, in denen Personen nach Abschluss ihrer Verfahren frei über die Geschehnisse des Tages sprechen konnten. Unser Ziel, den jeweiligen Vereinsvertretern vor Augen zu führen, dass Anhörungen eben erst im Anschluss an ein abgeschlossenes Strafverfahren sinnvoll sind, dürften wir erreicht haben, schilderten doch alle entscheidenden Personen im Nachgang diese Erkenntnis. Wir werden daran anknüpfen und weiter auf eine entsprechende Änderung der Stadionverbotsrichtlinie hinarbeiten. Bei diesem Thema sind wir auch im engen Austausch mit anderen Fanhilfen aus ganz Deutschland, denn nur mit gemeinsamem Druck ist es möglich auf diesem Feld Verbesserungen zu erzielen.
Auch die „Causa Dietmar Hopp“ ist ein bundesweit relevantes Thema, im Gegensatz zu bspw. der Fanhilfe aus Dortmund sind die von uns betreuten Verfahren mittlerweile allesamt abgeschlossen. In den meisten Fällen war leider das Akzeptieren des Strafbefehls die voraussichtlich günstigste Variante für die Betroffenen. Ein Herthaner war aufgrund seines Alters in Berlin und nicht in Sinsheim angeklagt, die Hoffnung aufgrund dieser räumlichen Trennung und der daraus möglicherweise resultierenden objektiveren Betrachtungsweise einen Freispruch zu erlangen wurde jedoch enttäuscht. Zwar wurde das Verfahren eingestellt, eine vom aktuellen Mainstream abweichende Rechtsprechung hätte jedoch eine Signalwirkung in Deutschland haben können. Nachdem die Verfahren beendet sind, gilt es nun, die Betroffenen zu unterstützen, was aufgrund der immensen Kosten des gesamten Dortmund-Komplexes ein Kraftakt für die gesamte Fanszene werden wird.
Ein weiteres Thema, welches ein Dauerbrenner unserer Arbeit ist, ist die Datenspeicherung über Fußballfans durch die Polizei. Auch im vergangenen Jahr haben wir zahlreiche Herthafans bei Abfragen aus den Dateien unterstützt. Das sowohl in der Berliner Datei „Szenekunde Sport“ als auch in der bundesweiten Datei „Gewalttäter Sport“ im letzten Jahr zahlreiche Neuspeicherungen vorgenommen wurde, obwohl es keine Spiele mit relevantem Zuschaueraufkommen gab, zeigt für uns erneut, dass diese Dateien gelöscht werden müssen. Die Auswirkungen dieser willkürlichen Speicherungen für die davon betroffenen Personen sind enorm. Denn ein Eintrag in diesen Dateien kommt einer Vorverurteilung gleich, obwohl in den meisten Fällen gar kein strafrechtlich relevanter Vorfall dafür zugrunde liegt. Darüber hinaus gibt es keine automatisierte Auskunft bei Neueintragungen und die vorgegebenen Löschfristen werden regelmäßig ignoriert. Ein Zustand, der sich hoffentlich nach den Wahlen in Berlin und im Bund im kommenden Herbst ändern wird. Und wenn nicht, werden wir hier weiter dranbleiben und den Finger immer wieder in die Wunde legen.
Ebenso haben wir die Zeit ohne Stadionbesuche genutzt, um unsere Öffentlichkeitsarbeit weiter zu professionalisieren. Anfang 2021 ging unsere Homepage online, auf der ihr viele wichtige Informationen zu unserer Arbeit, aber auch zum richtigen Verhalten gegenüber Polizei und Sicherheitsbehörden findet. Schaut doch mal rein: www.fanhilfe-herthabsc.de. Darüber hinaus haben wir ein neues Logo eingeführt, welches fortan im Rahmen unserer Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden wird.
Ihr seht, wir haben in eurem Sinne die letzten zwölf Monate fleißig weitergearbeitet und dabei auch wichtige Grundlagen gelegt, damit wir mit voller Kraft durchstarten können, sobald wir alle wieder ins Stadion können.
Bleibt gesund und Ha Ho He!
Fanhilfe Hertha BSC