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Tätigkeitsbericht Fanhilfe Hertha BSC – Saison 2020/2021

Die abgelaufene Saison hat auch uns vor die große Herausforderung gestellt, unsere Arbeit ohne Stadionbesuche zu organisieren und am Laufen zu halten. Zu tun gab es auch reichlich, denn unter anderem die Vorkommnisse im Rahmen unseres Auswärtsspiels im Dortmunder Westfalenstadion aus dem Oktober 2018 beschäftigen uns noch immer. Dabei stand für uns die Unterstützung der angeklagten Personen im Mittelpunkt. Wir vermittelten bei Bedarf einen Rechtsbeistand oder beantworteten Fragen zu Vorladungen und Strafbefehlen.

Darüber hinaus begleiteten wir auch weiterhin die in der vorherigen Saison begonnene gerichtliche Aufarbeitung des Polizeieinsatzes und seiner Folgen. Nachdem die direkten Klagen gegen die Polizeidirektion Dortmund mit hanebüchener aber leider nicht überraschender Begründung eingestellt wurden, sind nunmehr noch zwei Klagen anhängig. Einerseits soll die datenschutzrechtlich problematische Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Roten Kreuz und der Polizei Dortmund überprüft werden, die darin besteht, dass diejenigen Personen, die vom DRK behandelt wurden, im Nachgang von der Polizei angeschrieben und um Zeugenaussagen gebeten wurde, da die Verletzungen ja vielleicht durch Pyrotechnik verursacht worden sind. Weiterhin läuft eine verwaltungsrechtliche Klage, welche die Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes an sich in Frage stellt.

Im Zusammenhang mit diesem Spiel war ebenso das Thema Stadionverbote sehr relevant für uns, hatten doch zahlreiche Personen ein entsprechendes Schreiben von Borussia Dortmund erhalten, obwohl ihr Verfahren noch gar nicht abgeschlossen war. Bei einigen dieser Personen musste das SV im Nachgang auch wieder aufgehoben werden, da sie mit anderen Personen verwechselt wurden oder ihnen keine Taten nachgewiesen werden konnten. Dies nahmen wir zum Anlass, gemeinsam mit den Verantwortlichen von Hertha BSC und dem BVB nachgeholte Anhörungen zu organisieren, in denen Personen nach Abschluss ihrer Verfahren frei über die Geschehnisse des Tages sprechen konnten. Unser Ziel, den jeweiligen Vereinsvertretern vor Augen zu führen, dass Anhörungen eben erst im Anschluss an ein abgeschlossenes Strafverfahren sinnvoll sind, dürften wir erreicht haben, schilderten doch alle entscheidenden Personen im Nachgang diese Erkenntnis. Wir werden daran anknüpfen und weiter auf eine entsprechende Änderung der Stadionverbotsrichtlinie hinarbeiten. Bei diesem Thema sind wir auch im engen Austausch mit anderen Fanhilfen aus ganz Deutschland, denn nur mit gemeinsamem Druck ist es möglich auf diesem Feld Verbesserungen zu erzielen.

Auch die „Causa Dietmar Hopp“ ist ein bundesweit relevantes Thema, im Gegensatz zu bspw. der Fanhilfe aus Dortmund sind die von uns betreuten Verfahren mittlerweile allesamt abgeschlossen. In den meisten Fällen war leider das Akzeptieren des Strafbefehls die voraussichtlich günstigste Variante für die Betroffenen. Ein Herthaner war aufgrund seines Alters in Berlin und nicht in Sinsheim angeklagt, die Hoffnung aufgrund dieser räumlichen Trennung und der daraus möglicherweise resultierenden objektiveren Betrachtungsweise einen Freispruch zu erlangen wurde jedoch enttäuscht. Zwar wurde das Verfahren eingestellt, eine vom aktuellen Mainstream abweichende Rechtsprechung hätte jedoch eine Signalwirkung in Deutschland haben können. Nachdem die Verfahren beendet sind, gilt es nun, die Betroffenen zu unterstützen, was aufgrund der immensen Kosten des gesamten Dortmund-Komplexes ein Kraftakt für die gesamte Fanszene werden wird.

Ein weiteres Thema, welches ein Dauerbrenner unserer Arbeit ist, ist die Datenspeicherung über Fußballfans durch die Polizei. Auch im vergangenen Jahr haben wir zahlreiche Herthafans bei Abfragen aus den Dateien unterstützt. Das sowohl in der Berliner Datei „Szenekunde Sport“ als auch in der bundesweiten Datei „Gewalttäter Sport“ im letzten Jahr zahlreiche Neuspeicherungen vorgenommen wurde, obwohl es keine Spiele mit relevantem Zuschaueraufkommen gab, zeigt für uns erneut, dass diese Dateien gelöscht werden müssen. Die Auswirkungen dieser willkürlichen Speicherungen für die davon betroffenen Personen sind enorm. Denn ein Eintrag in diesen Dateien kommt einer Vorverurteilung gleich, obwohl in den meisten Fällen gar kein strafrechtlich relevanter Vorfall dafür zugrunde liegt. Darüber hinaus gibt es keine automatisierte Auskunft bei Neueintragungen und die vorgegebenen Löschfristen werden regelmäßig ignoriert. Ein Zustand, der sich hoffentlich nach den Wahlen in Berlin und im Bund im kommenden Herbst ändern wird. Und wenn nicht, werden wir hier weiter dranbleiben und den Finger immer wieder in die Wunde legen.

Ebenso haben wir die Zeit ohne Stadionbesuche genutzt, um unsere Öffentlichkeitsarbeit weiter zu professionalisieren. Anfang 2021 ging unsere Homepage online, auf der ihr viele wichtige Informationen zu unserer Arbeit, aber auch zum richtigen Verhalten gegenüber Polizei und Sicherheitsbehörden findet. Schaut doch mal rein: www.fanhilfe-herthabsc.de. Darüber hinaus haben wir ein neues Logo eingeführt, welches fortan im Rahmen unserer Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden wird.

Ihr seht, wir haben in eurem Sinne die letzten zwölf Monate fleißig weitergearbeitet und dabei auch wichtige Grundlagen gelegt, damit wir mit voller Kraft durchstarten können, sobald wir alle wieder ins Stadion können.

Bleibt gesund und Ha Ho He!

Fanhilfe Hertha BSC

Pressemitteilung: Nächster Freispruch für Herthafan am Amtsgericht Dortmund – Ermittlungsergebnisse nicht ausreichend

Die gegen einen Freispruch von Anfang Januar eingelegte Berufung, wurde gestern durch die Staatsanwaltschaft zurückgezogen. Somit ist der Herthafan, der im Zusammenhang mit den Ereignissen beim letzten Gastspiel im Westfalenstadion (Richtigstellung vom 28.10.2018) unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt war, rechtskräftig vom Amtsgericht Dortmund freigesprochen.

Dazu erklärt die Fanhilfe Hertha BSC:

„Der nächste rechtskräftige Freispruch für einen Herthaner, welcher mit Unterstützung der Fanhilfe erreicht wurde, lässt uns hoffnungsvoll auf die kommenden Monate blicken. Denn augenscheinlich folgen auch die Gerichte nicht blind den, von uns schon mehrfach kritisierten, Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft. Wir gehen davon aus, dass dies nicht der letzte Freispruch gewesen sein wird!“

Die Rechtsanwältin der Fanhilfe, Gloria Holborn, kommentiert die Entscheidung im Verfahren gegen ihren Mandanten wiefolgt: „Das Gericht stellte eindeutig klar, dass ein einheitlich getragener Pullover, sogar in Verbindung mit weiteren Indizien, allein kein Grund für eine Verurteilung sein darf! Das nun auch die Staatsanwaltschaft ihren Einspruch gegen dieses Urteil zurückgezogen hat, ist nur folgerichtig. Die nicht unerheblichen Verfahrenskosten trägt die Staatskasse.“

Schon seit Beginn der Ermittlungen im Oktober 2018 hat sich die Fanhilfe Hertha BSC in teilweiser Zusammenarbeit mit der Fanhilfe von Borussia Dortmund, kritisch zu den Vorgehensweisen der Beamten am und im Nachgang des Spieltages geäußert (Gemeinsame Pressemitteilung vom 27.10.2018).

Pressemitteilung: Ermittlungsfehler häufen sich – Verwechslung sorgt für Freispruch

Ein KSC-Fan, der sich laut Ermittlungsbehörden an den Ereignissen beim letzten Gastspiel der Hertha am 27.10.2018 im Westfalenstadion beteiligt haben soll, wurde heute richtigerweise freigesprochen. Denn in Dortmund war er gar nicht.

Dazu erklären gemeinsam die Fanhilfe Karlsruhe und die Fanhilfe Hertha B.S.C.:

„Die bisherigen Ermittlungen zu den Geschehnissen an diesem Tag, haben schon für reichlich Kopfschütteln gesorgt. Das nun aber eine Person aufgrund einer Verwechslung vor Gericht erscheinen musste und sie der gesuchten Person nicht einmal annähernd ähnlich sieht, ist eine neue Dimension von fehlerhafter Polizeiarbeit.

Anhand von Bildern des besagten Tages und durch Zeugenaussagen wurde belegt, dass der Angeklagte zeitgleich das Auswärtsspiel des KSC im 600km entfernten Unterhaching besuchte. Dies wurde durch die anwaltliche Vertretung dem Gericht bereits im Vorfeld der Hauptverhandlung mitgeteilt. Warum das Verfahren trotzdem stattfinden musste, ist aus unserer Sicht völlig unverständlich. Die vermeidbaren Verfahrenskosten muss nun der Steuerzahler tragen.

Selbst die Stadionverbotskommission des BVB erkannte, dass der KSC-Fan nicht in Dortmund gewesen sein konnte und sprach das beantragte Stadionverbot nicht aus.

Dieser Fall reiht sich ein in eine Vielzahl von Ermittlungsfehlern. Bei der utopischen Größe des Beschuldigtenkreises gehen wir fest davon aus, dass dies nicht der letzte Freispruch gewesen sein wird!“

Knochenbruch durch Polizeiknüppel bleibt legal

Nach Einlegung einer Beschwerde zur Einstellung von Ermittlungen gegen Polizisten (siehe PM vom 05.06.19), wird auch die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm diese nicht weiter verfolgen.

Dazu erklärt die Fanhilfe Hertha B.S.C.:

„Die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm macht sich zum willfährigen Erfüllungsgehilfen von prügelnden Polizisten und einem hetzenden Innenminister. Auch hier wird auf eine detaillierte Anzeige mit allgemeinen Anmerkungen, die keinerlei Bezug zu dem konkreten Fall besitzen, geantwortet. Eine Auseinandersetzung mit den erhobenen Vorwürfen hat wieder nicht stattgefunden. Diese Arbeitsweise lässt tief blicken und reiht sich nahtlos ein in die zahlreichen Fälle von Tolerierung massiver Polizeigewalt in ganz Deutschland.

Durch diese Vorgänge bestätigen sich unsere schlimmsten Befürchtungen, dass die Aufarbeitung der Geschehnisse vom 27.10.18 durch die Ermittlungsbehörden völlig einseitig geführt wird: Zahlreichen Strafbefehlen, Klageerhebungen und willkürlichen Stadionverboten stehen, trotz eindeutiger Beweislage, eingestellte Ermittlungsverfahren gegen prügelnde Polizisten gegenüber.

Für dieses schwere Versagen des Rechtsstaats tragen all jene die Verantwortung, die immer noch gegen die Kennzeichnungspflicht für Polizisten, sowie unabhängige Kontroll- und Ermittlungseinrichtungen hetzen. Die daraus bei vielen Personen entstehende Ablehnung staatlicher Institutionen wird dabei wissentlich in Kauf genommen.“

Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats steht auf dem Spiel

Nach dem brutalen Angriff der Dortmunder Polizei am 27.10.2018 erstatteten verletzte Herthaner Anzeigen gegen die Einsatzleitung (siehe PM vom 07.11.18). Die Staatsanwaltschaft sieht nun keinen Grund, die Ermittlungen weiter zu verfolgen.

Dazu erklärt die Fanhilfe Hertha B.S.C.:

„Ein durch Knüppelschläge der Polizei verursachter mehrfacher Bruch des Mittelhandknochens, 2 1/2 Monate Krankschreibung und heute noch Schmerzen bei der Arbeit reichen der Staatsanwaltschaft Dortmund nicht aus, um den eindeutigen Vorwürfen weiter nachzugehen. Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens ist ein handfester Skandal. Ohne die betroffene Person angehört zu haben, soll die Polizeigewalt unter den Tisch gekehrt werden. Um der ganzen Sache noch die Krone aufzusetzen, hat diese verletze Person natürlich eine Gegenanzeige von der Polizei erhalten.

Wir werden diese Zustände im Sinne der verletzten Herthaner nicht tatenlos hinnehmen und alle Betroffenen weiter unterstützen. Die Verletzungen des Fans waren nicht einmal im Rahmen der Auseinandersetzungen mit der letztlich sichergestellten Fahne entstanden, sondern sind das Resultat eines übermotivierten Beamten. Dieser hatte am äußersten Rand des Blockes auf jene Fans eingeschlagen, die versucht hatten, ihre normalen, am Zaun hängenden Fahnen, abzuhängen.

Dieser Fall zeigt wieder einmal, wie ungenügend und mit welcher Oberflächlichkeit, Anzeigen gegen Polizeibeamte verfolgt und bearbeitet werden. Dafür braucht es dringend eine unabhängige Instanz, die sich diesen Fällen annimmt und frei von Korpsgeist ermitteln kann.“