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Berliner Polizei veranstaltet realitätsferne Leistungsschau im Olympiastadion

Am vergangenen Freitag mussten wir einen Polizeieinsatz erleben, dessen Umfang und Auswüchse uns noch lange in Erinnerung bleiben werden. Denn der zeitgleich stattfindende Staatsbesuch hielt die Berliner Polizei nicht davon ab, einen völlig absurden Einsatz im Rahmen unseres Heimspiels gegen den 1. FC Magdeburg durchzuziehen. Trotz des Umstands, dass keine nennenswerte Rivalität zwischen beiden Fanlagern besteht, war das Aufgebot sowie der Materialeinsatz der Berliner Polizei im und um das Stadion enorm.

Am Einlass für die Gästefans wurden sogar im Stadion Polizeihunde eingesetzt, um eine durch die Polizei angeheizte Situation noch weiter eskalieren zu lassen. Aus eigener Beobachtung können wir uns hierzu vollumfänglich den Schilderungen der Fanhilfe Magdeburg anschließen.

Wir erwarten von unserem Verein Hertha BSC, diesen Polizeieinsatz kritisch zu hinterfragen und Antworten zu dem völlig absurden Kräfte- und Materialeinsatz bei der Polizei einzufordern. Ebenso muss der Verein als Veranstaltet aufklären, warum sich Polizisten anmaßten, direkt nach der regulären Kontrolle eine weitere Kontrolle von Fans durchzuführen.

Dies alles muss auch im eigenen Interesse des Vereins geschehen. Schließlich wird immer wieder über angebliche ausufernde Kosten für Polizeieinsätze und eine Umlage dieser auf die Vereine diskutiert. Dieser Einsatz zeigt sehr deutlich, wie weit fernab der Realität diese Diskussionen stattfinden. Denn die Polizei bewertet völlig eigenständig auf nicht nachvollziehbarer Grundlage, wie groß der Einsatz wird. Ohne externe Kontrolle und ohne jeglichen Bezug zur Realität. Wie so etwas dann aussieht, konnten alle Fußballfans am vergangenen Freitag wieder einmal sehr deutlich beobachten.

Fanprojektarbeit darf nicht kriminalisiert werden

Überall in Deutschland leisten Fanprojekte wichtige Arbeit. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen meist junge Fußballfans bei Problemen
und versuchen gemeinsam mit den Fanbetreuungen der Vereine am Spieltag zwischen Fans uns Sicherheitsbehörden zu vermitteln.

Und obwohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fanprojekte für ihre Arbeit ein enges Vertrauensverhältnis zu den Fans benötigen, wird ihnen durch die Strafprozessordnung keine Möglichkeit der Aussageverweigerung vor Gericht eingeräumt.

Dieser fehlende Schutz wird aktuell in Karlsruhe von der dortigen Staatsanwaltschaft ausgenutzt, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fanprojekts zu einer Aussage unter anderem bzgl. der organisatorischen Abläufe innerhalb der Fanszene zu zwingen. Nach der mehrfachen Verweigerung der Aussage droht die Staatsanwaltschaft nun Beugehaft für drei Angestellte des Fanprojekts zu beantragen.

Dieses Vorgehen legt die Axt an die Wurzel der Sozialen Arbeit und kriminalisiert die staatlich finanzierten Präventionsbemühungen der Fanprojekte. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat dadurch bereits jetzt schon die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Fanprojekt Karlsruhe und der KSC Fanszene massiv beschädigt. Die wichtige Arbeit der Fanprojekte, ob in Karlsruhe, Berlin oder an anderen Standorten, ist unter diesen Bedingungen nicht mehr möglich.

Morgen, am 02. Oktober 2023, wird das Gericht über den Beugehaft-Antrag entscheiden. Es steht zweifelsfrei fest: Die völlig kopflose, falsche und willkürliche Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft in Karlsruhe muss gestoppt werden. Die wichtige Arbeit der Fanprojekte darf nicht kriminalisiert und damit unmöglich gemacht werden.

Hände weg vom Fanprojekt – ob in Karlsruhe, Berlin oder sonst wo!

Koalitionsvertrag stellt Fußballfans ins Abseits

CDU und SPD in Berlin haben heute ihren Entwurf für einen Koalitionsvertrag vorgestellt. Die darin vorgestellten Vorhaben würden den eh schon großen Repressionsdruck gegenüber Fußballfans weiter verstärken und die bereits jahrzehntelang bestehenden Probleme nicht lösen.

„Der heute vorgestellte Koalitionsvertrag ist ein Frontalangriff auf die Fan- und Freiheitsrechte in unserer Stadt. Die geplante massive Aufrüstung der Polizei wird nicht für mehr Sicherheit sorgen, sondern das jetzt schon vorhandene ‚Feindbild Fan‘ der Sicherheitskräfte weiter zementieren. Dies zeigt auch sehr deutlich, dass das Papier keinerlei Antworten auf die völlig aus dem Ruder gelaufenen und undurchsichtigen Datensammlungen der Berliner Polizei gibt. Wer meint im 21. Jahrhundert eine Sicherheitspolitik von gestern gegen jedes gute Argument durchdrücken zu müssen, befindet sich auf dem politischen Holzweg“, erklärt Fritz Müller, Sprecher der Fanhilfe Hertha BSC.

Der Entwurf des Koalitionsvertrags von CDU und SPD beinhaltet nicht nur die Einführung von Tasern für die Polizei trotz noch andauernder Evaluierung, sondern auch eine Verschärfung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) – dem Berliner Polizeigesetz. Damit soll unter anderem die Präventivhaft auf fünf Tage ausgeweitet und der Einsatz von Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchungen ermöglicht werden.

„Entgegen zahlreicher höchstrichterlicher Entscheidungen sollen die Sicherheitskräfte in Berlin zukünftig noch mehr als bisher schon in die Privatsphäre der Menschen in dieser Stadt eindringen dürfen. Die Vergangenheit zeigt, dass solche Methoden, die angeblich nur zum Kampf gegen den Terrorismus eingeführt werden, sich in kürzester Zeit auch gegen Fußballfans richten. Eine verstärkte Kriminalisierung und ein noch größerer Repressionsdruck auf alle Stadiongänger werden die Folgen sein. Sollten diese Pläne Wirklichkeit werden, sehen wir es als unsere Aufgabe an, mit aller Kraft und den uns zur Verfügung stehen Mitteln dagegen vorzugehen. Die Rechte von Fußballfans gehören nicht ins Abseits, sondern müssen aktiv gegen Vorverurteilung und polizeiliche Willkür gestärkt werden“, erläutert Fritz Müller abschließend.

Berliner Koalitionsvertrag zementiert fragwürdigen Status quo

Durchaus große Hoffnungen hatte die Fanhilfe Hertha BSC nach den Abgeordnetenhauswahlen, dass Fan- und Freiheitsrechte in den kommenden Jahren deutlich gestärkt werden. Mit Blick in den heute vorgestellten Koalitionsvertrag haben sich diese Hoffnungen jedoch in Luft aufgelöst.

„Es ist für uns völlig unbegreiflich, warum auch die zukünftige Berliner Koalition an der rechtswidrigen Speicherung von Fußballfans in der Datei ‚Szenekunde Sport‘ festhält. Die angekündigte allgemeine Überarbeitung der polizeilichen Datenerfassungssysteme ist viel zu kurz gegriffen und wird an den grundsätzlichen Problemen nichts ändern. Somit werden die von dieser Speicherwut betroffenen Personen auch in den kommenden Jahren weiter willkürlich stigmatisiert“, erklärt Fritz Müller, Sprecher der Fanhilfe Hertha BSC.

Weiterhin kritisiert die Fanhilfe Hertha BSC, dass eine erneute Vereinbarung zur Abschaffung der Datei „Gewalttäter Sport“ auf Bundesebene gänzlich fehlt. Dieses Vorhaben wurde vor fünf Jahren bereits vereinbart und ist zuletzt am Unwillen des Innensenators gescheitert. Positiv bewertet die Fanhilfe Hertha BSC hingegen die Ankündigung, dass die geschaffene Stelle der/des Bürger- und Polizeibeauftragten schnellstmöglich besetzt und entsprechend ausgestattet werden soll. Ebenso ist die Absage an eine flächendeckende Videoüberwachung und an den Einsatz biometrischer Systeme sehr wichtig, um die Freiheitsrechte der Berlinerinnen und Berliner nicht noch weiter willkürlich zu beschneiden.

„Der Gesamteindruck dieses Koalitionsvertrags lässt uns dennoch leider nur mit dem Kopf schütteln. Denn die wenigen positiven Ansätze können nicht über die grundsätzliche Law and Order Richtung des Vertragstextes hinwegtäuschen. Gab es in der letzten Woche auf Bundesebene durchaus einige positive Fortschritte zu erahnen, so wird in Berlin weiter ein fragwürdiger Status quo zementiert. Die wohl neue Bürgermeisterin Franziska Giffey zeigt augenscheinlich kein Interesse daran, den unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten mehrfach kritisierten Umgang mit Fußballfans zu überdenken und nimmt weiterhin alle Berliner Fußballfans in Sippenhaft. Wir sehen daher unsere Aufgabe in den kommenden Jahren darin, uns noch entschiedener und lauter für Fan- und Freiheitsrechte in Berlin einzusetzen“, stellt Fritz Müller abschließend klar.

Herthafans fragen – Politik antwortet

Bei der Ende September anstehenden Abgeordnetenhauswahl wird auch darüber entschieden, wie in Berlin in den kommenden Jahren Fanthemen angegangen und umgesetzt werden. Daher haben der Förderkreis Ostkurve e. v., die Fanhilfe Hertha BSC, die Initiative Blau-Weißes-Stadion sowie die AG Stadion gemeinsam einen ausführlichen Fragenkatalog an verschiedene Parteien verschickt. Die Antworten liegen nun vor.

„Wir freuen uns über die zahlreichen Rückmeldungen auf unsere Fragen. Dies zeigt, dass Fanthemen einen großen Stellenwert auf der politischen Ebene haben. Aus diesem Grund sind wir sehr zuversichtlich, dass viele unserer Forderungen auch nach der Wahl auf offene Ohren treffen werden. Wir werden die Parteien daran messen und wo notwendig auch nachdrücklich daran erinnern.

Gefragt haben wir die Parteien zu den Themen: Finanzierung des Fanprojekts Berlin, Datenspeicherung über Fußballfans, Polizeigewalt, Unterstützung für ein eigenes Stadion von Hertha BSC, zum Standort eines solchen Stadions sowie zu einer möglichen Konkurrenzausschlussklausel und zur weiteren Entwicklung des Olympiastadions. Zu finden sind die einzelnen Antworten auf den Webseiten der fragenden Initiativen und Zusammenschlüsse.

Alle Herthafans können sich nun einen Überblick zu den Standpunkten der Parteien machen und für sich selbst bewerten, welche Antworten ansprechend sind oder auch nicht. Wichtig ist nur, am 26. September 2021 vom Wahlrecht gebrauch zu machen. Alle Informationen zum Ablauf der Wahl finden sich auf der Homepage der Landeswahlleitung unter www.berlin.de/wahlen.“

Förderkreis Ostkurve e. v. (foerderkreis-ostkurve.de)
Fanhilfe Hertha BSC (fanhilfe-herthabsc.de)
Blau-Weißes-Stadion (www.blauweissesstadion.berlin)
AG Stadion (neues-herthastadion.de)